Aktuelles

Die Stiftung Kreisau beginnt, in Zusammenarbeit mit dem Zentrum „Erinnerung und Zukunft“, die Umsetzung eines neuen Bildungsprojekts mit dem Titel: „Rückkehr nach Europa ist vielleicht ein zu schwacher Ausdruck…“. Polen auf dem Weg in NATO und Europäischer Union. Geschichte und Bedeutung der Transformation in den Jahren 1989-2004.

Der Jahrestag der Wahlen im Juni 1989, der 25. Jahrestag des Beitritts Polens zur NATO und der 20. Jahrestag des Beitritts Polens zur Europäischen Union bieten eine Gelegenheit, einen neuen Blick auf die Veränderungen zu werfen, die in diesen entscheidenden 15 Jahren (1989-2004) stattgefunden haben, und dieses Wissen einem möglichst breiten Kreis von Jugendlichen und Erwachsenen näher zu bringen.

Am 19. April 2024 fand in Kreisau eine Konferenz statt, in deren Anschluss die Ausstellung „1939-1945. Jahre, die die Welt veränderten“ offiziell eröffnet wurde. Diese Ausstellung wurde insbesondere für Schülerinnen und Schüler konzipiert und bringt kleinen wie großen Besucherinnen und Besuchern Ursachen, Verlauf und die langfristigen Konsequenzen des Zweiten Weltkriegs näher. All das wird in einem möglichst breiten Kontext und aus verschiedenen Perspektiven dargestellt. Das Ziel war, dass die Ausstellung für Menschen aus den verschiedenen Ländern, die Kreisau besuchen verständlich ist.

Die Ausstellung besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil stellt Anfänge und Verlauf des Zweiten Weltkriegs dar, geht näher auf die Unterschiede zwischen der Besatzungspolitik im Westen und im Osten Europas ein und zeigt, wie der Widerstand in verschiedenen europäischen Ländern aussah - einschließlich der Aktivitäten der Anti-Nazi-Opposition in Deutschland. Der zweite Teil der Ausstellung befasst sich mit den zentralen Fragen, die für das Verständnis der Geschichte und ihrer Folgen notwendig sind. Es werden nicht nur die Mechanismen des Hasses aufgezeigt, die zum Holocaust geführt haben, sondern auch die unterschiedlichen Haltungen der Menschen, die den Krieg und die Besatzung erlebt haben, sowie die Unterschiede in der polnischen und deutschen Erinnerung an den Krieg erörtert. Die Ausstellung befasst sich auch mit den zeitgenössischen Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs - von Konflikten in Afrika über den Völkermord im ehemaligen Jugoslawien bis hin zu Russlands verbrecherischem Angriff auf die Ukraine.

An der Eröffnungskonferenz der Ausstellung nahmen über 50 Personen aus Deutschland und Polen teil, darunter Geschichtslehrer*innen, Pädagog*innen, Vertreter*innen von Institutionen, die den polnisch-deutschen Austausch finanzieren und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung Kreisau. Janusz Witt, Zeitzeuge des Beginns des Zweiten Weltkriegs - der Bombardierung von Wieluń – und der Stiftung seit ihrer Gründung eng verbunden, war Ehrengast der Veranstaltung.

Im Mai 2024 kann man sich – zumindest auf den ersten Blick – kaum einen ungünstigeren internationalen Kontext für die Feier des 20. Jahrestags der EU-Mitgliedschaft Polens vorstellen als jene Bedingungen, die weiterhin direkt hinter der östlichen Außengrenze der EU und Polens herrschen. Allerdings bieten der seit über zwei Jahren andauernde Krieg Russlands gegen die Ukraine sowie die beunruhigende Entwicklung der aktuellen politischen Lage in Georgien, die ebenfalls ein Ergebnis russischer Einmischungsversuche ist, einen Anlass, über die Bedeutung des europäischen Integrationsprozesses für Polen – und umgekehrt – nachzudenken.

 

Bei einem Rückblick auf das Datum des polnischen EU-Beitritts im Mai 2004 muss daran erinnert werden, dass dieser Moment sowohl ein Ende als auch einen Anfang markierte. In gewisser Weise schloss er die sogenannte postkommunistische Periode ab, in der Polen – ebenso wie Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen und Slowenien sowie Bulgarien und Rumänien, die beide drei Jahre später der EU beitraten – einen tiefgreifenden politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel durchlaufen hatte, der die Aufnahme in den Gemeinsamen Markt und die Institutionen der europäischen Gemeinschaften ermöglichte, die über ein halbes Jahrhundert zuvor, noch während der geopolitischen Teilung des europäischen Kontinents im Kalten Krieg, geschaffen worden waren. Der in diesem Zusammenhang in publizistischen Veröffentlichungen oft zitierte Ausdruck von einer „Rückkehr nach Europa“ – beispielsweise auf der Titelseite des Wochenmagazins Polityka in seiner Ausgabe Nr. 18 (2450) vom 1. Mai 2004 – spiegelte die Zufriedenheit vieler Polinnen und Polen mit jenen Errungenschaften eindrucksvoll wider, die in den anderthalb Jahrzehnten seit Beginn der politischen Transformation im Jahr 1989 erreicht worden waren.

 

Mitteilung der Kopernikus-Gruppe

Der deutsch-polnische Gesprächskreis der Kopernikus-Gruppe traf sich zu seiner dreiundvierzigsten Sitzung vom 13. bis 15. Juni 2024 in Warschau. Das vorliegende Arbeitspapier „Mehr Mut zu Gemeinsamkeit“ fasst die gemeinsamen Überlegungen des Kreises zusammen.

Prof. Dr. Waldemar Czachur, Warschau; Prof. Dr. Peter Oliver Loew, Darmstadt 27.6.2024

 

 

Arbeitspapier XXXV der Kopernikus-Gruppe

Mehr Mut zu Gemeinsamkeit

Sicherheit in den deutsch-polnischen Beziehungen

 

Der Regierungswechsel in Polen Ende 2023 weckte Hoffnungen auf einen Neuanfang in den deutsch-polnischen Beziehungen. Nach sechs Jahren werden die bilateralen Regierungskonsultationen am 2. Juli 2024 endlich wieder aufgenommen. Die Kopernikus-Gruppe hat bereits im Dezember 2023 in einem Papier die wichtigsten Herausforderungen für die Regierungen in Berlin und Warschau zusammengestellt. Dabei wurde die Notwendigkeit der Unterstützung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten auf beiden Seiten der Oder hervorgehoben, zum Beispiel in Form eines deutsch-polnischen Bürgerparlaments.

Der Ausgang der Wahlen zum Europäischen Parlament Anfang Juni 2024 hat gezeigt, dass der Neuanfang in den bilateralen Beziehungen in beiden Ländern in einem schwierigen gesellschaftspolitischen Umfeld stattfinden wird. Die Zugewinne der populistischen und antieuropäischen Parteien erhöhen den innenpolitischen Druck auf die Regierungsparteien in Berlin wie in Warschau, was Aufmerksamkeit für die wichtigen bilateralen Anliegen schwächen könnte.

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