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Das Jahr 2019 wird für uns in Kreisau eine besondere Zeit sein. Eine Zeit, in der wir zu unseren Stiftungsanfängen zurückkehren – zu wichtigen Ereignissen, vor allem aber zu den Menschen, die Kreisau entdeckten und den Traum hatten, hier eine internationale Begegnungsstätte aufzubauen. Wir möchten Sie dazu einladen, uns bei dieser Zeitreise zu begleiten. Zugleich möchten wir Sie aber auch zu folgender Reflexion anregen: Was hat sich in den dreißig Jahren verändert? Inwiefern haben wir die uns gegebene Chance genutzt? Vor welchen Herausforderungen stehen wir heute?

Wie hat es angefangen? – Die Konferenz „Christ in der Gesellschaft“

In der Zeit vom 2. bis zum 4. Juni 1989 wurde in Breslau ein Seminar für über hundert Teilnehmer zu einem unverdächtigen Thema „Christ in der Gesellschaft“ veranstaltet. Die Geheimdienste schauten der Veranstaltung mit Missbilligung zu. In Wirklichkeit diskutierten die Seminarteilnehmer aber über ein gemeinsames Projekt. Im Ergebnis der Beratungen wurde am 4. Juni 1989 ein Brief an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Volksrepublik Polen gerichtet. Seine Verfasser baten darum, Interesse an der Idee zu zeigen, in Kreisau eine internationale Begegnungsstätte für die junge Generation Europas aufzubauen und ein Museum der europäischen Widerstandsbewegung gegen den Hitlerismus zu gründen. Auch das deutsche Kanzleramt wurde hiervon verständigt.

Vom 10. bis zum 12. Juni 2019 werden wir auf dieses Ereignis, das den ideellen Anfang der Stiftung bildete, zurückblicken. In Kreisau findet dann eine Konferenz statt, bei der wir zu einer Diskussion darüber einladen möchten, auf welche Art und Weise die Stiftung Kreisau – aber auch andere bestehende Dialog- und Begegnungsräume – heute dazu genutzt werden können, erfolgreich mit innergesellschaftlichen und internationalen Konflikten umzugehen. Zu den Themen, die dabei im Mittelpunkt unserer Betrachtungen und Diskussion stehen werden, gehören Demokratie, Menschenrechte, Widerstand und Werte.

Der symbolträchtige Friedensgruß. Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki und Kanzler Helmut Kohl in Kreisau

„Lasset uns beten – für das polnische und das deutsche Volk: Gib uns, o Herr, Kraft, aus dem Schatten der Vergangenheit zu treten, und lasse uns, zur gegenseitigen Verständigung gelangen. Gib, dass neue Horizonte der Hoffnung durch den deutsch-polnischen Jugendaustausch sichtbar werden” – das sind nur einige der wichtigen Worte, die am 12. November 1989 auf dem Hof des ehemaligen Gutes der Familie von Moltke in Kreisau ausgesprochen wurden. Bei dem Gottesdienst, bei dem es sich um einen Programmpunkt des deutschen Regierungschefs bei seinem Polenbesuch handelte, gaben Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki und Kanzler Helmut Kohl einander ein Zeichen des Friedens und umarmten sich dabei zum Zeichen der Aussöhnung. Diese Geste, die unter besonderen Umständen gemacht wurde, erlangte eine sehr ausdrucksvolle Bedeutung und hat sich als ein Meilenschritt auf dem Weg zum Aufbau freundschaftlicher Beziehungen zwischen den einst verfeindeten Ländern ins Gedächtnis eingebrannt.

Am 12. November 2019 laden wir Sie um 12.00 Uhr dazu ein, an einem Gottesdienst teilzunehmen, mit dem an die Versöhnungsmesse von vor 30 Jahren erinnert werden soll. Wir hoffen, wir werden dann auf dem Hof in Kreisau Zeitzeugen, Vertreter von Behörden verschiedener Ebenen, Freunde der Stiftung, Partner, Mitarbeiter und all die begrüßen dürfen, denen die Idee eines friedlichen Miteinanders Polens und Deutschlands, aber auch des gesamten Europas, am Herzen liegt.

An demselben Tag findet in Kreisau auch eine internationale Kommunalkonferenz statt. Kommunalpolitiker aus Polen und Deutschland sowie Vertreter von Partnerstädten werden dabei die Jahre der Zusammenarbeit und gemeinsamer Initiativen Revue passieren lassen.

1. September – der Tag, an dem die Welt unterging

Juni und November 1989 hängen mit Daten zusammen, die für Kreisau wichtig sind. 2019 werden wir aber auch eines Ereignisses gedenken, das das Schicksal von Millionen Menschen verändert hat: des 80. Jahrestages des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges. Am 1. September möchten wir Sie zu einem besonderen Konzert einladen, das im Rahmen der 5. Ausgabe des Internationalen Kammermusikfestivals Krzyżowa-Music stattfinden wird. Die einzigartige Veranstaltung, die die Zusammenarbeit zwischen Künstlern verschiedener Nationalität verdeutlicht, wird an diesem Tag eine besondere Bedeutung annehmen. Wir laden Sie ein, Teil dieses musikalischen Werkes zu werden.

Ein Jahr der Reflexion und der Erinnerung

2019 ist ein Jahr, in dem auch runde Jahrestage weiterer Ereignisse gefeiert werden, die den Weg Polens, Deutschlands und Europas zur heutigen Situation – des Friedens und der Zusammenarbeit – markieren:

  • 30. Jahrestag der Juniwahlen in Polen,
  • 30. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer,
  • 30. Jahrestag des Ausbruchs der Samtenen Revolution in Prag,
  • 20. Jahrestag der Aufnahme Polens, Tschechiens und Ungarns in die NATO,
  • 15. Jahrestag der Aufnahme Polens sowie neun weiterer Staaten in die Europäische Union.

Wir möchten all diese Ereignisse und Jahrestage in Erinnerung rufen, um zu verstehen, wie viel Mut, Arbeit und Anstrengung unsere Freiheit und unser Frieden in Europa gekostet haben. Darüber werden wir mit Lehrern bei eigens dazu veranstalteten Workshops und Seminaren, mit Nichtregierungsorganisationen bei Konferenzen sowie mit unseren Gästen, Partnern und Mitarbeitern bei Veranstaltungen und Diskussionen sprechen. Auch wenn dieses Nachsinnen in diesem Jahr sehr sichtbar ist und auch stark betont wird, so verlässt es uns in Kreisau nie. Seit dreißig Jahren sorgen wir dafür, dass Respekt und Dialog zur Verständigung beitragen. Denken wir daran, dass es auch an uns liegt, dass die Zukunft besser wird.

Dr. Robert Żurek
Geschäftsführender Vorstand
der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung

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