In dieser Woche möchten wir Ihnen einen Text von Benedikt Widmaier empfehlen. In diesem bringt er den Leser*innen die Inspiration näher, die Kreisau als Ort an dem die Tradition des Kreisauer Kreises lebt, für das Erlernen der Haltung eines mündigen Bürgers / einer mündigen Bürgerin bereit hält.
#Kreisau_liest #Kreisau_empfiehlt
(…) Vor diesem Hintergrund wird es niemanden überraschen, dass ich das Projekt einer europäischen Zivilgesellschaft für einen Begegnungsort wie Kreisau für sehr zentral und wichtig halte. Gerade mit Blick auf die Tradition(en) des Widerstands in Europa scheint Kreisau ein interessanter und – soweit ich das bisher beurteilen kann – in Deutschland wie in Polen unumstrittener Ort des Widerstands gegen den Nationalsozialismus zu sein.
Aufgrund dieser Tradition sehe ich Kreisau als besonders geeignet an, eine wichtige Rolle als integrativer Ort für Diskurse über die weitere Entwicklung der europäischen Zivilgesellschaft einzunehmen. Dabei kann es nicht nur um deutsch-polnische Begegnungen gehen, sondern es sollte um einen multinationalen, eben europäischen Austausch gehen. Erfahrungsgemäß sind aber Erwachsene aus unterschiedlichen Gründen als Zielgruppe einer solchen zivilgesellschaftlichen Begegnungsarbeit und europapolitischen Bildung nur schwer zu erreichen. Deshalb bin ich der Ansicht, dass ein professionspolitischer Denkansatz besonders sinnvoll ist, ein solch europäisches, zivilgesellschaftliches Projekt zu konzipieren. Ich denke dabei etwa an Lehrer/innen-Verbände der Fächer Politik, Geschichte oder Wirtschaft oder an Pädagogen/innen, die diese Professionen in der non-formalen Bildung vertreten. Darüber hinaus ist an die Vernetzung zivilgesellschaftlicher Initiativen und bürgerschaftlich engagierte Menschen zu denken, die sich insbesondere mit dem Thema Extremismusberatung und -prävention beschäftigen (vgl. dazu auch die Ausführungen zur Demokratieförderung). Mit etwas Phantasie sind meines Erachtens aber alle Berufsgruppen geeignet, unter dem besonderen Aspekt ihrer Profession über Kreisau und dessen aktuelle Bedeutung für eine europäische Zivilgesellschaft nachzudenken.
BENEDIKT WIDMAIER - NEU NACHDENKEN ÜBER KREISAU. ESSAYISTISCHE FRAGMENTE.pdf
Benedikt Widmaier. Politologe, Direktor der Akademie für politische und soziale Bildung „Haus am Maiberg”. Mitglied der Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke (AKSB) und Deutsche Vereinigung für politische Bildung (DVPB).
* Der Text wurde veröffentlicht in: Das (un)sichtbare Erbe. Gedanken über den Kreisauer Kreis, Tomasz Skonieczny (Hg.), Wrocław 2017.