„Ich habe die Stiftung nie vergessen”. Gespräch mit Stephan Erb, einem der ersten Mitarbeiter des IJBS Kreisau, derzeit Geschäftsführer des DPJW in Potsdam
- Stiftung Kreisau: Erinnern Sie sich an den Moment, als sie zum allerersten Mal in Kreisau waren?
- Stephan Erb: Ich war 1994 zum ersten Mal in Kreisau/Krzyżowa. Damals hatte ich gerade mein Studium abgeschlossen und habe dann die Anstellung als pädagogischer Mitarbeiter in Kreisau bekommen. Ich war einer der jungen Leute, die für die IJBS arbeiteten und die Gruppen unterstützten und leiteten, die nach Kreisau kamen. Häufig waren das deutsch-polnische Schüleraustauschprogramme. Aber die Stiftung Kreisau organisierte damals auch noch Workcamps in Krzyżowa/Kreisau. Junge Menschen aus verschiedenen Ländern trafen sich, um gemeinsam zu arbeiten und den Gebäudekomplex zu renovieren. Übernachtet wurde in Zelten am Berghaus.
Fünf Jahre, bis 1999, habe ich in Kreisau gearbeitet, aber auch danach bin ich der Stiftung und dem Ort weiter verbunden geblieben. Für einige Jahre war ich Mitglied im Aufsichtsrat der Stiftung und im Beirat der Jugendbegegnungsstätte. Seit 2008 bin ich im Deutsch-Polnischen Jugendwerk tätig und unterstütze dort noch immer deutsch-polnische Jugendbegegnungen. - Stiftung Kreisau: Wie beurteilen Sie die Bedeutung Kreisaus aus heutiger Sicht, für die deutsch-polnische Versöhnung und für die Beziehungen in Europa?
- Stephan Erb: Kreisau hat seine historische Bedeutung nicht verloren und gleichzeitig eine aktuelle für die deutsch-polnischen Beziehungen hinzugewonnen. Kreisau ist nicht nur ein historischer Ort des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus. Er ist durch die Versöhnungsmesse von 1989 ein Ort des Neubeginns der deutsch-polnischen Beziehungen und hat heute Bedeutung als zentraler Ort deutsch-polnischer und europäischer Bildung und Begegnung.
In den letzten 25 Jahren hat die Stiftung Kreisau sich und ihr Profil weiterentwickelt. In Kreisau wird heute sichtbar, was Deutsche und Polen gemeinsam erreicht haben: das persönliche Kennenlernen und die Bereitschaft, sich auf die Perspektive des anderen Landes einzulassen. Dazu gehört, zu verstehen, wie das andere Land funktioniert, auch mit dem Bewusstsein der schwierigen Geschichte, die im Hintergrund stets präsent ist. Mit dieser Geschichte wird hier in Kreisau täglich gearbeitet. Die Erfahrungen aus dem Verständigungs- und Versöhnungsprozess zwischen den beiden Ländern können vielleicht nützlich für andere schwierige Nachbarschaften in der Welt sein. Ich würde mir wünschen, dass dieses Potential des gemeinsamen Handelns und Helfens noch mehr genutzt wird.
FOTO: Stephan Erb während der Feier aus Anlass des 25. Jubiläums von Jugendbegegnungen der Altkönigschule Kronberg in Kreisau.