Herzlich laden wir Sie zur Lektüre unserer subjektiven Presseschau ein. Die Artikel sind in den vergangenen Tagen erschienen und wir hoffen, dass sie für Sie interessant oder überraschend sind oder auch zu Diskussion und Widerspruch anregen.

Es geht nicht darum, mit allen versammelten Ansichten übereinzustimmen sondern darum, bewußt wahrzunehmen, wie die uns umgebende Wirklichkeit von anderen gesehen wird. Es lohnt sich, mehr als eine Perspektive zu kennen.

#Kreisau_liest #Kreisau_empfiehlt

(…) Wäre Wladimir Putin ein Blogger mit zeithistorischen Neigungen, müsste man den Essay zu den Ausläufern eines geschichtspolitischen Revisionismus zählen, der seit den späten neunziger Jahren im Kernland der ehemaligen Sowjetunion um sich greift. Weil Putin aber das Staatsoberhaupt einer von der Ostsee zum Pazifik reichenden Atommacht ist, erübrigt sich jegliches Schmunzeln über seine Einlassungen. Dieser Text ist die bislang ausführlichste Fassung einer Doktrin, die das geostrategische Handeln Russlands seit Putins Machtantritt im Mai 2000 leitet. Und er ist eine ideologische Kampfansage an den einstigen Erbfeind des Zarenreichs: Polen.

(…) Rechtsextremismus gibt es an vielen Orten der Gesellschaft. Das Gift sickert auch in die Bundeswehr und die Spezialkräfte. Doch bei den Sicherheitskräften ist die Sache eben anders gelagert als im Rest der Gesellschaft, wo man Extremisten manchmal aushalten muss – auch wenn es schwer fällt. Wer Träger exekutiver Befugnisse ist, wer diesen Staat so unmittelbar vertritt, der darf zu keinerlei Zweifeln an seiner Verfassungstreue Anlass geben.

(…) Es war ein Satz, der anspornen sollte, eine Mutmacher-Formulierung. Angela Merkel erinnerte an Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl. Dann sagte sie: "Nichts muss so bleiben, wie es ist." Um die Bundeskanzlerin herum standen unweit des Brandenburger Tors alle Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. Gefeiert wurde der 50. Geburtstag der Römischen Verträge. Unterzeichnet wurde eine "Berliner Erklärung", die in dem Bekenntnis gipfelte: "Wir Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union sind zu unserem Glück vereint." Das war Merkels großer europäischer Moment - der Höhepunkt der deutschen Ratspräsidentschaft 2007. Wenn Deutschland nun am 1. Juli ohne jeden Pomp erneut den Vorsitz in der EU übernimmt, hallt vor allem dieser Merkel-Satz nach - diesmal allerdings als Warnung: Nichts muss so bleiben, wie es ist.

(…) Die Proteste gegen Rassismus und Gewalt der Polizei in den USA sind längst auch in Deutschland angekommen: Tausende Menschen gehen seit dem Tod von Georg Floyd auf die Straße. Angeregt durch diesen politischen Moment fordern nun die Grünen, den Begriff „Rasse“ in Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes zu ersetzen. Das hat eine Debatte ausgelöst. Doch warum wird diese geführt, ohne die Gegenargumente von Schwarzen Expert*innen zu berücksichtigen? Was die Grünen hier fordern, mag im ersten Moment fortschrittlich erscheinen, neu ist das Vorhaben nicht. Bereits vor zehn Jahren forderte der weiße Menschenrechtler Hendrik Cremer, „Rasse“ ersatzlos aus dem Grundgesetz zu streichen. Die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland e. V. (ISD) intervenierte gegen die ersatzlose Streichung und kritisierte, dass die Debatte nicht ausschließlich von Weißen geführt werden dürfte.

(…) Auch mein eigener Erfahrungsaustausch mit Vertretern von Polizeipräsidenten, Staatsanwaltschaften und Verfassungsschutzämtern in den letzten drei Jahren zeigt eine stärkere Sensibilisierung für die Gefahr von rechts. Dies gilt im Fall der Bundesanwaltschaft zum Beispiel hinsichtlich einer Veränderung der Organisation zur Aufklärung rechtsterroristischer Phänomene. Das alles ist gut. Ob es ausreicht, ist allerdings eine andere Frage.

(…) Tiktok macht für ein Millionenpublikum sichtbar, was Teenager schon immer in ihren Zimmern getan haben: tanzen, singen, Liebeskummer haben, schminken, mit Freunden Quatsch ausdenken. Tiktok ist Jugendkultur. Wer wissen will, was junge Menschen heute bewegt, wie sie über die Welt nachdenken, der kommt an Tiktok nicht vorbei. Und findet auf den ersten Blick Klischees bestätigt. Da geht es viel um Selbstdarstellung, gut aussehen und die beste Choreografie zu den neuesten Popsongs. Wer sich neu anmeldet, kann zwischen Interessen auswählen: zum Beispiel "Comedy", "Leben", "Essen" oder "Sport". Politik soll offenbar nicht Teil dieser Welt sein. Doch die politische "Generation Greta" weiß sich sehr wohl auf Tiktok Gehör zu verschaffen.

Zusammengestellt wurde die Presseschau von Mitarbeiter*innen der Europäischen Akademie und der Gedenkstätte der Stiftung Kreisau in Zusammenarbeit mit:

  • Sarah Reinke, Projektleiterin, Stiftung Adam von Trott Imshausen e.V., Mitglied der Gedenkstätten- und Europäische Akademiekommission der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung.
  • Dr. habil. Pierre-Frédéric Weber. Wiss. Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Universität Stettin. Mitglied der Gedenkstätten- und Akademiekommission der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung.
  • Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau.

 

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