In dieser Woche möchten wir Ihnen einen Text von Dr. hab. Pierre-Frédéric Weber empfehlen. In seinem Essay weist er auf die unbegründete Gleichsetzung der Prozesse der Annäherung die zwischen Polen und Deutschland stattfanden mit denen hin, die sich beinahe zur gleichen Zeit aber in einem völlig anderen Kontext und mit einer ganz anderen Spezifik zwischen Deutschen und Franzosen entwickelten.
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Um es von Anfang an zumindest klarzustellen: Der deutsch-polnische Annäherungsprozess steht mit dem deutsch-französischen sehr wohl in Zusammenhang; beide weisen gewisse Berührungspunkte auf, die an dieser Stelle zunächst in Erinnerung gerufen werden sollen.
Zunächst – und das ist bestimmt der maßgebende Aspekt – ging es im einen wie auch im anderen Fall darum, die bilateralen Beziehungen zum deutschen Nachbarn zu bereinigen und zu verbessern. Sowohl in der Langzeit- als auch in der Kurzzeitperspektive zeichneten sich die beiden bilateralen Verhältnisse trotz der Unterschiede aus durch wiederholte Konflikte, die ihre bis dato stärkste Eskalation in Form des Zweiten Weltkriegs erlebten. Dabei reichten natürlich die polnische Erfahrungen mit deutschen Bestrebungen nach Expansion und der Annektierung von Nachbarregionen weiter zurück: An den drei sukzessiven Teilungen, in deren Folge Polen mit Ende des 18. Jahrhunderts als Staat bis ins Jahr 1918 von der Landkarte Europas verschwand, nahmen neben Russland die beiden damals führenden Mächte des deutschsprachigen Raums teil – Preußen und Österreich. Doch das geteilte Gefühl einer Dauerbedrohung aus der Mitte des europäischen Kontinents heraus, das sowohl Frankreich als auch Polen erfüllte, gehörte generell zu den Rahmenbedingungen, unter denen zwischenstaatliche Beziehungen westlich wie östlich der deutschen Grenzen Gestalt annahmen. Und folgerichtig bildete die Minderung des deutschen Risikos bzw. der damit verbundenen Angst vor Deutschland für Frankreich wie für Polen im Umgang mit dem Nachbarn während der Nachkriegszeit das Hauptanliegen – auch wenn in Polen dieser Angst sicher noch eine zusätzliche Bedeutung zukam, durch welche sich die offiziellen polnischen Kontakte zu (West-)Deutschland wesentlich von den französischen unterschieden (doch dieser Aspekt wird später noch aufgegriffen werden).
Dr. habil. Pierre-Frédéric Weber. Wiss. Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Universität Stettin. Mitglied der Gedenkstätten- und Europäische Akademiekommision der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung.
* Der Text wurde veröffentlicht in: (Un)versöhnt? Gedanken über die deutsch-polnischen Beziehungen nach 1945, Tomasz Skonieczny (Hg.), Wrocław 2019.