Diese Woche möchten wir Ihnen eine Text von Dr. Annemarie Franke, Mitglied des Aufsichtsrats der Stiftung Kreisau, zur Lektüre empfehlen. In ihrem Beitrag führt sie aus, wie sich die Präsenz „Kreisaus“ als Ort von Treffen des Kreisauer Kreises im kollektiven Gedächtnis in Deutschland, auf die ersten Versuche der Gründung einer internationalen Begegnungsstätte in Kreisau und damit auch auf eine Stärkung der Initiativen für eine deutsch-polnische Annäherung ausgewirkt hat.
Da dieser Text auch mit dem letzte Woche empfohlenen Artikel von Prof. Waldemar Czachur korrespondiert, kann dieser unser Hinweis vielleicht auch Anlass sein, gleiche beide in Augenschein zu nehmen, einen nach dem anderen.
#Kreisau_liest #Kreisau_empfiehlt
(…) Anlässlich des Jahrestages „25 Jahre Kriegsende“ sendete Franz von Hammerstein im Mai 1970 eine Broschüre über das neue „Haus Kreisau” in Berlin an das Auswärtige Amt in Bonn, verbunden mit dem Hinweis und der Aufforderung, zu erwägen, ob. nicht das Schloss und Gut Kreisau in Polen der richtige Ort wäre für eine Begegnungsstätte zur Förderung der deutsch-polnischen Verständigung. Franz von Hammerstein war inzwischen (in den Jahren 1968 bis 1975) Generalsekretär der Aktion Sühnezeichen, die er vor der Teilung Berlins gemeinsam mit Lothar Kreyssig 1958 gegründet hatte. Die Bundesrepublik unterhielt zu diesem Zeitpunkt keine diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik Polen. Allerdings versprach die neue Regierung unter Bundeskanzler Willy Brandt dies betreffend Veränderungen und in diesem Kontext ist die Anregung von Franz von Hammerstein und seinen Freunden zu sehen. Die Broschüre aus dem Jahr 1968 stellt zunächst das Haus vor und erklärt, warum es den Namen „Kreisau“ trägt. Franz von Hammerstein hatte in Zusammenarbeit mit Freya von Moltke und Harald Poelchau die Redaktion des Heftes übernommen, das mehr noch als die Institution und die Programmangebote vor allem die Mitglieder des „Kreisauer Kreises“ vorstellt, die dem Namen des Hauses, wie es wörtlich heißt, „seine Bedeutung gegeben haben.“ Auf Seite 4 des Heftes ist das Foto eines Straßenschildes „Krzyzowa 3 [km]“ abgebildet, das jemand bei einem Besuch in Polen aufgenommen haben muss. Im erläuternden Text wird im Zuge dessen dann kurz der „Kreisauer Kreis“ vorgestellt, um abschließend Helmuth James von Moltkes Haltung zu Polen zu referieren: Nach allem, was seit 1939 in Polen geschehen war, bestand im Kreisauer
Kreis Klarheit darüber, dass Deutschland dort viel gutzumachen hatte. Wiederholt hatte Moltke mit anderen über die „Wiedergutmachung“ an den Polen gesprochen. Gerade unter diesem Gesichtspunkt war ihm die Grenze Deutschlands auch gar nicht so wichtig.
* Der Text wurde veröffentlicht in: (Un)versöhnt? Gedanken über die deutsch-polnischen Beziehungen nach 1945, Tomasz Skonieczny (Hg.), Wrocław 2019.