Die COVID-19 Pandemie wird neben der Tatsache, dass sie ein relativ neues Phänomen ist, die Welt verändern. Wir sind Augenzeugen des Anfangs einer globalen Wirtschaftskrise und den damit einhergehenden politischen und sozialen Veränderungen. All dies wird auch die Situation für NROs und ihre angebotenen Aktivitäten verändern.
Die Veränderungen in den von Nichtregierungsorganisationen angebotenen Aktivitäten in Polen wurden bereits während der ersten Tage der Einschränkungen, die die Verbreitung des Virus verhindern sollen, deutlich bemerkbar. Viele, insbesondere lokal agierende Organisationen begannen Hilfsgruppen zu formieren. Sie engagieren sich in Initiativen wie z. B. „Widzialna ręka“ (sichtbare Hände): Facebook-Gruppen, die Hilfsangebote und -anfragen bezüglich des Alltags, wie z.B. Einkäufe tätigen oder mit dem Hund gehen, veröffentlichen. Andere Organisationen haben Aktionen gestartet, die das Nähen von Masken für Krankenhäuser oder für Risikogruppen beinhalten.
Offenkundig wurde auch, dass die Organisationsnetzwerke ihre Potenziale miteinander teilen und die Zusammenarbeit im Angesicht der Krise stärken, das beinhaltet unter anderem das Teilen von Ressourcen und die Ergreifung groß angelegter, gemeinsam koordinierter Maßnahmen.
Abseits des direkten Engagements bei Hilfsaktionen gibt es einen sehr deutlichen und wahrscheinlich anhaltenden Trend die Aktivitäten der Organisationen in das Internet zu verlegen. Verschiedene Arten von Workshops, Austauschen, die traditionell in den Büros der Organisation stattfinden würden, sind jetzt trotz Isolation dank der Internet-Kommunikation möglich. Die internen Aktionen der Organisationen wurden ebenso zum größten Teil in das Internet verlegt. Eine Folge der Virus-Krise ist, dass diese Form auch in der Zukunft wahrscheinlich populärer sein wird. Während es für technische Meetings und Diskussionsrunden bezüglich der Aktivitäten ideal ist, ist es jedoch schwer vorstellbar, dass sie die kreativen, persönlichen Treffen langfristig ersetzen werden.
Langfristig gesehen wird eine Auswirkung dieser Krise sein, dass Teilnehmer*Innen ein vorsichtiges Verhalten Austauschprogrammen und Trainings gegenüber zeigen, da sie um ihre Gesundheit fürchten. Unglücklicherweise sind bereits jetzt die Auswirkungen der Grenzschließungen und der gesellschaftlichen Abschottung darüber hinaus in einem Anstieg an xenophobischen Meinungsäußerungen und dem Rückzug in bekannte und sichere Gruppen sichtbar. Aus diesem Grund müssen sich NROs auf interkulturellen Austausch, globale Bildung, sowie Menschenrechtsbildung fokussieren. Die Herausforderung wird darin bestehen, die in der Vielzahl der Hilfsinitiativen sichtbaren sozialen Energien in langfristige Strukturen zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts umzuwandeln.
Die Zeit „nach dem Virus“ wird von uns verlangen noch aktiver zu werden, um die Gesellschaft nach monatelanger Isolation wieder zu öffnen. Wir sind uns nicht sicher, ob zivilgesellschaftliche Organisationen von den Anti-Krisen-Gesetzen unterstützt werden, die von der Regierung vorgeschlagen wurden. Das wird wahrscheinlich zu einer schwierigen Situation unter den Menschen führen, die sich in der Zivilgesellschaft engagieren und dort häufig als Freiberufliche oder unter zivilrechtlichen Verträgen arbeiten. Wir hoffen darauf, dass die derzeitige alltägliche Solidarität effektive Maßnahmen erlauben wird und, dass wir die Verluste, die die Krise mit sich bringen wird, minimieren können – sowohl in der Gesellschaft als auch in den Nichtregierungsorganisationen.
Agnieszka Janik – Mitglied des Stiftungsrates der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung