Die Publikation stellt in diesem Kontext den Versuch dar, die historische Erfahrung der deutsch-polnischen Annäherung und die daraus für uns, die heutige Generation, zu ziehenden Lehren zu reflektieren. Entstanden ist sie im Rahmen des Projektes „Das Erbe der deutsch-polnischen Aussöhnung und der Aufbau eines wertebasierten Europas”, das von der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung in Zusammenarbeit und mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Polen sowie des Zentrums „Erinnerung und Zukunft“ („Pamięć i Przyszłość”) durchgeführt wurde. Daran teilgenommen haben zahlreiche Experten aus Polen, Deutschland, Tschechien und Frankreich; allesamt Vertreter verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen, geprägt durch unterschiedlichste Erfahrungen und weltanschauliche

Positionen, die sich seit vielen Jahren nicht nur beruflich mit der schwierigen Thematik der Aussöhnung in den internationalen Beziehungen befassen, sondern sich auch intensiv im Rahmen des deutsch-polnischen Dialogs engagieren.

Der in diesem Jahr bevorstehende 30. Jahrestag der Versöhnungsmesse, bei der es sich um ein beispielloses Ereignis in den deutsch-polnischen Nachkriegsbeziehungen handelt, bietet einen wichtigen Anlass, Überlegungen darüber anzustellen, welche Schlussfolgerungen sich aus diesem (im doppelten Sinne dieses Wortes) historischen Ereignis ziehen lassen. Blickt man in die Geschichte zurück – und zwar nicht nur in die europäische –, so fällt es schwer, eine vergleichbare Entwicklung aufzuzeigen, die es erlaubte, eine so fundamentale und zugleich stets aktuelle Frage wie die folgende zu beantworten: Wie war es nur möglich, dass zwei – von ihrer tragischen Geschichte so hart gebeutelte – Völker dazu fähig waren, miteinander einen Dialog aufzunehmen, und dazu noch einen, der nicht auf Regierungsebene initiiert, sondern von unten in Gang gesetzt und durch die Aktivitäten der Bürger selbst inspiriert wurde. Dieser Dialog, der ohne Unterstützung und vielfach entgegen der Position der Regierung geführt wurde, verwandelte sich in ein Netzwerk starker und komplexer gegenseitiger Verflechtungen, deren Ursprünge mitnichten ausschließlich in der geografischen Nachbarschaft zu sehen sind.

Immer wieder auf die Fragen nach dem Erbe der deutsch-polnischen Aussöhnung zurückzukommen, ist daher heute umso wichtiger, da inzwischen auch Stimmen laut werden, die das Werk der Annäherung infrage stellen. Dies gilt insbesondere, weil die Generation der Zeitzeugen allmählich von uns geht, die einen ganz eigenen Bezug zur tragischen Geschichte des 20. Jahrhunderts hat. Und einen wesentlichen Grund, der vielen Akteuren der vergangenen Jahrzehnte als Hauptinspiration dazu diente, sich an diesem Prozess der Aussöhnung zu beteiligen, nämlich das Gefühl der Schuld und die Übernahme von Verantwortung für geschehenes Unrecht, gilt es heute neuerlich zu hinterfragen.

Das Buch in deutscher Fassung: (Un)versöhnt? Gedanken über die deutsch-polnischen Beziehungen nach 1945”.pdf

 

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