30 Jahre Nachbarschaftsvertrag || Interview mit Krzysztof Kubow - Minister, Leiter des Politischen Büros des Premierministers, Mitglied des Stiftungsrates der Stiftung Kreisau

In diesem Jahr feierten wir den 30. Jahrestag der Unterzeichnung des Vertrags über gute Nachbarschaft zwischen Polen und Deutschland. Welche Bedeutung hatte dieses Abkommen Ihrer Meinung nach für die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu diesem historischen Zeitpunkt?

Der Vertrag hatte meiner Meinung nach vor allem eine stabilisierende Wirkung auf die deutsch-polnischen Beziehungen. Nach schwierigen und schmerzhaften Jahren, die von gegenseitigem Misstrauen geprägt waren, bedeutete dies einen Neuanfang für den Verlauf und das Tempo der Entwicklung der gegenseitigen Beziehungen. Entsprechend ihrem Inhalt und ihrer Botschaft sind wir nicht nur Nachbarn, sondern auch Partner geworden.

30 Jahre sind vergangen. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen des Vertrags aus dieser Perspektive? Inwieweit wurden seine Ziele erfüllt?

 Ich gehe davon aus, dass die klar sichtbaren Ergebnisse nach 30 Jahren die Unterzeichner des Vertrags selbst positiv überraschen könnten. Die Zusammenarbeit in vielen Bereichen läuft sehr gut, auch dank und durch die europäische Integration. Natürlich gibt es an einigen Stellen noch Entwicklungs- und Verbesserungsbedarf, aber der Vertrag selbst setzte einen Prozess in Gang, ohne ein konkretes Datum für dessen Abschluss festzulegen, so dass wir in jedem Bereich nach Lösungen suchen können und sollten, um die derzeitige, sogar sehr gute Situation zu verbessern. Aus demselben Grund kann ich sagen, dass der Vertrag mit Sicherheit umgesetzt wird, und wir sollten diesen sehr guten Prozess so lange wie möglich fortsetzen, auch wenn natürlich, und das ist erwähnenswert, einige der Bestimmungen des Vertrags bereits umgesetzt wurden.

30 Jahre nach dem Vertrag befinden wir uns in einem völlig anderen historischen Kontext. Polen und Deutschland sind Teil der europäischen Gemeinschaft. Wie sehen Sie die Rolle der Stiftung Kreisau und der Internationalen Jugendbegegnungsstätte im heutigen Kontext?

Ich denke, dass wir gemeinsam die europäische Integration als einen fortlaufenden, kontinuierlichen Prozess verstehen. Deshalb werden wir auch weiterhin Orte des Dialogs brauchen, an denen nach Lösungen gesucht wird, die auf den christlichen Werten basieren, welche das Fundament Europas sind. Dank ihnen werden wir in der Lage sein, den Aufbau eines dauerhaften europäischen Bündnisses fortzusetzen, das auf gegenseitigem Verständnis für heikle Fragen und gegenseitiger Achtung aller Parteien beruht. Es ist besonders wichtig, dass diese Brücke unter der jüngeren Generation gebaut wird, um die Erinnerung an die oft sehr schmerzhaften Momente zu bewahren, aber auch, um die Gemeinschaft auf der Grundlage der daraus resultierenden Mahnungen weiter aufzubauen und zu stärken.

In welchen Bereichen ist Ihrer Meinung nach die aktuelle deutsch-polnische Zusammenarbeit besonders fruchtbar?

Das erste, was mir in den Sinn kommt, ist sicherlich der Handel. Die deutsch-polnische wirtschaftliche Zusammenarbeit ist sehr fruchtbar. Unsere Volkswirtschaften sind eng miteinander verbunden. Ich sehe das zum Beispiel in meiner Heimatregion Niederschlesien, wo die Skala der deutschen Investitionen sehr sichtbar ist und das Volumen der polnischen Exporte dynamisch wächst. Darüber hinaus erzielen wir auch in der wissenschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit hervorragende Ergebnisse.

Welche Ziele im Rahmen der deutsch-polnischen Nachbarschaft sollten in den kommenden Jahren zur Priorität werden?

Es wird sicherlich in erster Linie eine kluge und verantwortungsvolle Klimapolitik sein, die sich in Richtung Klimaneutralität bewegt, dabei aber wichtige und sensible soziale Fragen berücksichtigt und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie aufrechterhält. Dies sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei einem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich in Warschau. Er wies auch darauf hin, dass wir auch in die Entwicklung moderner Technologien wie z. B. künstliche Intelligenz investieren sollten, und es fällt schwer, ihm nicht zuzustimmen. Ich selbst setze darin große Hoffnungen und zähle auf die gegenseitige Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Wasserstofftechnologien.

Das Interview wurde von der Redaktion des Newsletters für die vorliegende Sonderausgabe anlässlich des Jahrestages des Nachbarschaftsvertrags durchgeführt.

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